Am ersten August veröffentlichte die Schwetzinger Zeitung ein Interview mit Karlheinz Kolb, unserem Kandidaten Im Wahlkreis 40, Schwetzingen, für die Landtagswahl in Baden-Württemberg. Der Wahlkreis 40 entspricht dem Gemeindeverband Kurpfalz.
Das Interview verlief in guter Atmosphäre. Karlheinz wurde fair behandelt, was im Jahre 2020 mit Bezug auf AfD-Mitglieder leider die Ausnahme ist.
Hier das Interview, geführt von den Journalisten Katja Bauroth, Andreas Lin und Jürgen Gruler.
Was bewegt einen Rentner, sich nochmals in ein ganz neues Berufsfeld zu begeben?
Karlheinz Kolb: Ich bin ja schon seit 2014 in der AfD aktiv. Durch meine Tätigkeit im Kreistag habe ich mich motiviert gefühlt, jetzt auch für den Landtag anzutreten. Eingetreten bin ich in die AfD noch zu Zeiten des Vorsitzenden Bernd Lucke und die Europolitik war für mich auch entscheidend. Ich sehe bis heute die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) sehr kritisch. Da wird mit Beträgen um sich geworfen, die abenteuerlich und für den normalen Bürger gar nicht mehr fassbar sind.
Die EZB kann Geld aus dem Nichts erschaffen, aber wenn das mal kippt und die Investoren dies so nicht mehr mittragen, dann wird es verheerende Auswirkungen auf die Position Europas in der Weltwirtschaft haben. Hoffen wir mal, dass es so weit nicht kommt.
Seit Lucke hat sich die AfD aber doch sehr stark verändert. Warum sind Sie weiterhin dabei?
Kolb: Bernd Lucke war in der Außenwirkung sehr gut für die AfD, aber er wollte damals einen Persilschein für sich und duldete über seine Positionen keine Diskussion. Er könnte heute noch Parteivorsitzender sein, wenn er sich innerparteilich klüger und offener gezeigt hätte. Innerhalb der heutigen AfD gibt es Tendenzen, die ich auch nicht so toll finde. Aber ich denke, man sollte auch innerparteilich um den richtigen Kurs ringen und sich nicht einfach davonmachen. Ich glaube, die besten Chancen haben wir mit dem Konzept einer wirtschaftlich so ausgerichteten konservativen Partei, wie es die CDU etwa im Jahr 2000 noch war. Und dass es in einer relativ jungen Partei Richtungsstreitigkeiten gibt, halte ich für normal. Schauen Sie doch mal, wie lange es bei den Grünen gedauert hat, bis sie ihre Linie fanden. Ich war übrigens mal ein glühender Verfechter der Grünen und habe sie auch schon gewählt.
Aber Sie müssen schon zugeben, dass das, was sich die AfD in ihrer ersten Legislaturperiode im Landtag in Stuttgart geleistet hat, nicht gerade für die Wiederwahl spricht. In den Umfragen hat man die Ergebnisse von 2016 halbiert.
Kolb: Vor der damaligen Wahl hatten die Umfragen uns knapp über der Fünfprozenthürde gesehen, dann wurden es über 19 Prozent. Aber es stimmt natürlich, dass die Fraktion heillos zerstritten ist und das sicherlich nicht gut bei unseren Wählern ankommt. Erst die Trennung der Fraktion, dann der weiterhin existierende Richtungsstreit und ein Übertritt der Abgeordneten Claudia Martin aus dem Nachbarwahlkreis, die zur CDU gewechselt ist. Das war nicht nur für mich sehr enttäuschend. Deshalb baue ich jetzt darauf, dass die künftigen Fraktionsmitglieder besser zueinanderpassen, ihre kontroversen Diskussionen intern führen und dann mit einer gemeinsamen Linie in die Landtagsdebatten gehen.
Würde es denn, wenn Sie gewählt werden, auch wie bei den anderen Landtagsabgeordneten einen Anlaufpunkt in Form eines Wahlkreisbüros geben?
Kolb: Selbstverständlich! Das habe ich auch bei der Aufstellungsversammlung den Parteimitgliedern versprochen, dass die Aufwandsentschädigung zu 100 Prozent von mir für ein Wahlkreisbüro mit Personal und die weitere politische Arbeit im Wahlkreis eingesetzt wird. Weiter werde ich auch das zur Verfügung stehende Budget für Mitarbeiter im Landtag nutzen, die mich bei der politischen Arbeit unterstützen. Die aktuelle Aufwandsentschädigung für Abgeordnete beträgt übrigens 2286 Euro, das Budget für Mitarbeiter der Abgeordneten liegt aktuell bei 11575,26 Euro.
Warum hat die AfD 2019 nicht für die Gemeinderäte in der Region Listen aufgestellt? Hat sie nicht genügend Kandidaten gefunden?
Kolb: Genau daran hat es gelegen. Auf der Kandidatenliste für die Gemeinderäte stehen die Bewerber und deren Adressen. Viele, die wir angesprochen haben und die auch in der AfD sind, hatten die Sorge, auf der Arbeit mit Konsequenzen rechnen zu müssen, wenn sie antreten.
Hatten Sie selbst schon mal Problem deswegen – oder die Familie?
Kolb: Nein, das hatte ich nicht. Und meine Familie ist nicht politisch, die halte ich aus meinem Engagement auch raus.
Welche Politikfelder liegen Ihnen am besten?
Kolb: Im Kreistag bin ich in den Ausschüssen, die sich mit Verwaltung und Finanzen oder mit dem Sozialen beschäftigen. Bei den Themen würde ich im Landtag gerne mitarbeiten. Auch im Bereich Pflege kenne ich mich durch eigene Erfahrungen gut aus. Und mich interessiert zudem der Bereich Bildung sehr, immerhin war ich während meiner Zeit bei der Axa-Versicherung viele Jahre für den Bereich Ausbildung mitverantwortlich.
Da wollen wir gerne mal einhaken. Was läuft bei der Bildung in Baden-Württemberg schief ?
Kolb: Ich bin ein Verfechter des dreigliedrigen Schulsystems und finde, dass die Durchlässigkeit zwischen Haupt-, Realschule und Gymnasium groß genug war.
Ganztagsbetreuung finde ich gut, auch wenn ich da eine andere Meinung habe als die AfD insgesamt – natürlich muss den Eltern die Wahlmöglichkeit gegeben werden. Ich halte nämlich nichts davon, wenn man alles vorschreibt, wie das die Grünen gerne wollen.
In der digitalen Ausrüstung der Schulen sehe ich ein großes Problem. Ich bin ja fast immer bei den Gemeinderatssitzungen in Ketsch als Zuhörer dabei. Dort wurde jetzt die Anschaffung von 140 Tablets und Laptops beschlossen – damit in Zeiten von Corona alle Schüler auch daheim unterrichtet werden können. Das Land finanziert die Geräte auch. Aber ich frage mich, warum man die nicht schon längst angeschafft hat und ich sehe da das Land in der Pflicht. In der Digitalisierung der Schulen muss mehr Druck vom Landtag auf die Regierung gemacht werden. Und bei zurückliegenden Schulreformen kommt es mir vor, als seien die Schüler Versuchskaninchen, da wäre es besser gewesen, man hätte genaue Konzepte gehabt.
Für sehr wichtig halte ich, dass von der Einschulung an das Augenmerk darauf gelegt wird, dass jeder Schüler lesen, schreiben und rechnen lernt und nicht Schüler trotzdem mitgeschleift werden.
Wir brauchen die Unterstützung des Elternhauses beim Lernen. In Deutschland kann jeder Schüler kostenlos studieren, es gibt Unterstützung durch Bafög. Als Exportnation und Bundesland, das sehr stark auf den Mittelstand im Maschinenbau und in der Metallverarbeitung setzt, brauchen wir Ingenieure und wir müssen top sein in der Ausbildung von modernen Arbeitskräften. Nur dann werden wir weiterhin bessere Waren herstellen als die asiatische Konkurrenz, denn im Preis können wir nicht konkurrieren, nur in der Qualität.
Lassen Sie uns auf zwei regionale Themen zu sprechen kommen. Was halten Sie vom Kiesabbau im Gewann Entenpfuhl?
Kolb: Nichts. Ich bin selbst Mitglied in der Initiative, die sich dagegen stark macht. Wir haben auf dem 42 Hektar großen Areal einen 50 bis 60 Jahre alten Wald – noch dazu besteht der zu 95 Prozent aus Laubbäumen.
Der grüne Ministerpräsident fordert immer den Erhalt der Wälder und hier soll ein bestehender Wald abgeholzt werden. Das nächste Problem bestünde darin, dafür eine Ersatzfläche zu finden, um aufzuforsten.
Gleich gegenüber liegen die Brunnen des Wasserzweckverbandes. Nicht auszudenken, wenn da etwas passiert, immerhin handelt es sich um das beste Trinkwasser in der Region – vom Lastwagenverkehr und dem Lärm nur 500 Meter von der Bebauung der Gemeinde Ketsch entfernt ganz zu schweigen. Das Land hat die Sache eigentlich selbst in der Hand, denn der Pachtvertrag mit dem Kiesunternehmen wurde vom Landesamt Forsten geschlossen.
Man sollte prüfen, inwieweit der Pachtvertrag mit der Firma Krieger von Seiten der Landesregierung gekündigt werden kann.
Und was ist mit der Geothermie, wo es gerade dieser Tage um eine Neuvergabe der Erkundungsrechte geht?
Kolb: Wenn das Bohrfeld in Brühl bleibt, dann bin ich wegen der schrägen Bohrung selbst betroffen, da ich in Ketsch nah dran wohne. Ich sage zum Thema Geothermie nicht generell nein. Es macht ja grundsätzlich schon Sinn, das 120 Grad warme Wasser unter der Erde zur Energiegewinnung zu nutzen. Aber eher irgendwo im freien Gelände, nicht so nah an der Bebauung wie derzeit in Brühl und nur mit einer absolut sicheren Technik. Man muss ja bedenken, dass der Rheingraben ein Gebiet ist, in dem es immer wieder kleinere Erschütterungen gibt. Ich halte die derzeitige Energiepolitik eh für verfehlt. Da soll ein hochmodernes Kohlekraftwerk wie in Mannheim nach nicht einmal der Hälfte der Laufzeit vom Netz gehen und dann wird Kohlestrom aus Tschechien oder Polen oder Atomstrom aus Frankreich importiert, weil wir ja mit E-Autos fahren sollen. Das passt nicht zusammen. Neuen Technologien gegenüber muss man trotzdem aufgeschlossen sein, etwa für die Erzeugung von Wasserstoff für unsere Mobilität. Nur sollte man immer prüfen, wie es passt oder ob man mal wieder übers Ziel hinausschießt.
Apropos – warum ist die AfD eigentlich sonst für die strikte Einhaltung von Gesetzen und für drastische Strafen, aber jetzt bei Corona schlägt man sich auf die Seite der Gegner der Einschränkungen?
Kolb: Meine Partei war da anfangs eher unschlüssig. Auch ich selbst habe es zuerst für eine Art Grippe gehalten, habe aber inzwischen mehrfach umgedacht. Uns Deutschen hat ein gut funktionierendes Gesundheitssystem geholfen und ich bin dafür, dass wir uns an die Regeln halten und vorsichtig bleiben. Aber überall, wo wir es können, sollten wir Regeln lockern, damit die Wirtschaft nicht zu sehr leidet
Die AfD steht jetzt vor der Entscheidung, ein eigenes Rentensystem
vorzulegen. Dabei soll weit weniger verbeamtet werden als heute?
Kolb: Das Rentensystem ist heute schon an die Wand gefahren, hat einen jährlichen Zuschussbedarf von 100 Milliarden Euro. Das Land Baden-Württemberg hat Pensionsverpflichtungen in Höhe von 149 Milliarden Euro und kann das nie und nimmer für alle Zukunft finanzieren.
Es sollten nur noch Beschäftigte mit hoheitlichen Aufgaben verbeamtet
werden. Aber ich finde persönlich, dass die AfD gar kein eigenes Konzept vorlegen sollte. Schließlich sind es die CDU und die SPD, die die Probleme zu verantworten haben, von diesen Parteien sollten zuerst tragfähige Lösungen vorgelegt werden.
Und wie ist das in Sachen Pflege. Was machen wir denn jetzt mit unseren Helden aus der CoronaKrise?
Kolb: Da gibt es kein Patentrezept. Klar ist, der Beruf des Altenpflegers wird zu wenig gewürdigt und zu schlecht bezahlt. Unsere Pflegeeinrichtungen suchen rings um die Welt nach Personal. Und der Bedarf wird ja immer größer, weil wir immer mehr alte Menschen in der Bevölkerung haben werden.
Inzwischen werden ja Krankenund Altenpfleger in einer gemeinsamen Ausbildung zusammengefasst. Ich habe nur die Befürchtung, dass das den Krankenhäusern mehr nützt als den Pflegediensten und Seniorenheimen, weil in den Kliniken im öffentlichen Dienst oft besser bezahlt wird. Schön wäre es, wenn man abends bei einem Gespräch eine Altenpflegerin stolz von ihrem Beruf erzählen hören könnte und dann jeder sagt: „Ein toller Beruf!“